Vermeidbare Fallstricke bei der Produktionsintegration in SAP EWM

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Phillipp Rausch

Im ersten Teil zum Thema „4 Varianten der Produktionsintegration mit SAP S/4HANA EWM“ haben wir mögliche Varianten der Produktionsintegration erläutert, um Sie dabei zu unterstützen, die für Sie richtige zu finden. Heute möchten wir auf immer wiederkehrende Fallstricke aufmerksam machen und aufzuzeigen, wo die Produktionsversorgung erweitert werden sollte und welchen Nutzen wir aus ihr ziehen können.
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Prozessablauf der Produktionsversorgung

Wiederkehrende Hürden vor einer Produktionsintegration erkennen

Es lohnt sich, im Vorfeld einer Produktionsintegration über Workflow-Details mit allen Stakeholdern zu diskutieren und diese vor der Integration festzulegen. Fehler können so von Beginn an vermieden werden.
  • Chargenfindung

    Beim Thema Chargenfindung kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen den Fachbereichen Produktion und Lager, wer denn die zu bereitstellende Charge nun bestimmt. Häufig müssen für die Fertigung von Materialien, insbesondere in der Pharma- und Chemiebranche, bestimmte Chargenmerkmale berücksichtigt werden. Auswirkungen dieses Konflikts verspüren wir ebenfalls in der SAP-Welt in Form der Frage, ob die Chargenfindung vor oder nach der Prozessauftragsfreigabe stattfinden muss. Entscheidet man sich für eine Chargenfindung in EWM, muss die Auslagerstrategie dahingehend erweitert werden, dass bei der Bestandsermittlung die entsprechenden Chargenmerkmale berücksichtigt werden.
  • RF / NWBC: unterschiedliche Funktionen

    SAP bietet standardmäßig zwei unterschiedliche Möglichkeiten, um den Verbrauch bei der Produktion buchen zu können. Zum einen gibt es den Netweaver Business Client (NWBC) der ausschließlich auf einem Terminal läuft. Zum anderen können die User den Verbrauch über die RF-Geräte buchen. Hier gibt es jedoch einige Einschränkungen, die es zu beachten gilt.

    Die erste Einschränkung ist die Buchung des Mehrverbrauches mit dem RF-Gerät. Wenn das Personal an der Linie für einen Produktionsauftrag einen Mehrverbrauch zum Auftrag buchen möchte, lässt der SAP-Standard diese Buchung nicht zu.

    Die nächste Einschränkung ist das Abrüsten der Linie. Durch die Bereitstellung von Single-Order-Komponenten werden die PMA-Referenzen auf die jeweiligen Bestände geschrieben und somit eine Bereitstellung zum Produktionsauftrag durch die Reservierung gewährleistet.

    Wenn der Produktionsauftrag vollständig abgearbeitet wurde, möchte man seine Fertigungslinie räumen, um mit dem nächsten Auftrag beginnen zu können. Dazu müssen die Bestandsreferenzen zum Auftrag von den Handling Units (HU) gelöst werden. Der NWBC bietet hier eine saubere Lösung an, um den Abtransport der HUs zu organisieren und den Rücktransport ins Lager über eine Lageraufgabe anzulegen. Diese Möglichkeit fehlt im RF-Umfeld. 

RF-Oberfläche
Netweaver-Business-Client-Oberfläche: Produktion
  • Ad-hoc-Bereitstellung

    Für die Ad-hoc-Bereitstellung in der Produktion liefert SAP diverse Möglichkeiten, um die Bestände mittels Lageraufgaben bereitzustellen. Diese erfordern allerdings alle eine gewisse Systemaffinität beziehungsweise ein Training im Umgang mit den komplexen Transaktionen.

    Den Mitarbeiter:innen muss beispielsweise bei der Erzeugung der zur Kommissionierung und Bereitstellung notwendigen Lageraufgaben klar sein, ob sie eine HU- oder Produktlageraufgabe und die entsprechenden Transaktionen nutzen möchte. Wird die falsche Variante genutzt, macht sich das durch ungewünschtes Systemverhalten deutlich, beziehungsweise kommt die Produktion ins Stocken, da nicht genügend Komponenten zum Verbrauch vorhanden sind. Des Weiteren muss der zu bereitstellende Bestand manuell ausgewählt werden, was dazu führt, dass Vorgaben bezüglich der Auslagerung in Form von First-in-First-out, First-expired-First-out, etc. nicht eingehalten werden.

    Um die Komplexität an dieser Stelle zu reduzieren haben wir unser Portfolio an Standardentwicklung um eine mobile Applikation ergänzt, welche sich vollständig um die Bestandsermittlung- und Lageraufgabenerstellung kümmert. Vom Endanwender muss nur noch der zu versorgende Lagerplatz und im Falle einer Mehrfachbelegung das Material gescannt werden. Den Rest übernimmt das System eigenständig und die Belegschaft kann sich auf ihre Haupttätigkeit, die Produktion, fokussieren.

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Ad-hoc-Produktionsversorgung im Überblick

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Nutzen Sie die Analysevorteile!

Die korrekte Analyse der Produktionsversorgung bietet einen wertschöpfenden Aspekt und kann umfassende Vorteile bieten. Ein produzierendes Unternehmen kann Kosten senken, indem es bei der Produktion den Anteil an Ausschussware auf ein Minimum reduziert. Doch wie können SAP EWM und vor allem die erweiterte Produktionsversorgung dazu beitragen?

Zum einen kann ein sauber gepflegtes System bestehend aus Stamm- und Bewegungsdaten dazu beitragen, den Ausschuss zu minimieren. Zum anderen ist die Schulung von Mitarbeiter:innen ein zentraler Punkt in diesem Kreislauf. Nur durch gut geschultes Personal in Kombination mit einem funktionierenden System können Kosten z. B. durch vermiedenen Ausschuss, eingespart werden.

01. Mit der Stammdatenpflege Kosten einsparen

Wie bereits erwähnt, ist die Pflege der Stammdaten eine wichtige Stellschraube. Durch die Pflege von Mindesthaltbarkeitsdaten, zum Beispiel bei verderblichen Rohstoffen, kann Ausschuss deutlich reduziert werden. Natürlich spielen auch Qualitätskontrollen eine große Rolle. Es ist oft ratsam, eine Qualitätskontrolle für diverse Produkte in unterschiedlichen Abständen durchzuführen.

Eine Möglichkeit der Qualitätsprüfung ist, mit Rohmaterial vom Lager, gesteuert durch die layoutorientierte Steuerung, einen Zwischenplatz an der Qualitätsprüfung anzusteuern und erst nach erfolgreicher Prüfung das Material zur Bereitstellfläche zu bringen.

02. Vermeidung von Leerlauf spart Produktionskosten

Die Vermeidung von Leerlauf in der Produktion ist genauso wichtig wie die Vermeidung von Ausschuss. Denn Leerlauf bei der Produktion bedeutet für das produzierende Unternehmen Verluste, da es in der Zeit, in der die Maschinen stillstehen oder die Beschäftigten an der Linie keine Aufträge abarbeiten können, Umsatzverluste hinnehmen muss.

Kosten sparen

Zeit sparen

effiziente Nutzung der Linien

Wertschöpfung durch die Produktionsintegration im Unternehmen

Doch wie ist ein Leerlauf zu vermeiden? Zum einen ist hier ein gutes Zeitmanagement wichtig. Zeitmanagement bedeutet bei der Produktionsversorgung, dass Zeiten für das Umrüsten der Maschinen, Lieferwege im Lager etc. vorab in die Erstellung des Produktionsplanes einkalkuliert werden müssen, um so einen stetigen Versorgungsfluss zu erlauben. 

Eine Möglichkeit besteht darin, dass man die Bereitstellung in kleinere Bereiche aufteilt. Das bedeutet, dass es pro Fertigungslinie einen Produktionsversorgungsplatz sowie einen Bereitstellbereich für den aktuellen Auftrag gibt. Zusätzlich kann man die Erstellung eines sogenannten Pufferbereichs einplanen. Hier können Paletten der nachfolgenden Produktionsaufträge zwischengeparkt werden. Somit ist ein reibungsloser Ablauf zwischen der Produktion des ersten Auftrages und Bevorratung des nächsten Auftrages garantiert. 

03. Rückverfolgbarkeit gewährleisten, um Rückrufe schnell abwickeln zu können

Warum ist die Rückverfolgbarkeit in der Produktionsversorgung überhaupt so wichtig? In vielen Branchen, wie zum Beispiel in der Pharma- oder Lebensmittelindustrie, ist es wichtig, dass die herzustellenden Produkte genauestens überwacht werden und eine Rückverfolgbarkeit bis zum Anfang der Rohstoffkette nachvollziehbar ist.

Es kann immer wieder vorkommen, dass Produkte in den Umlauf gelangen, die später wieder zurückgerufen werden, da diese gegebenenfalls Mängel aufweisen. Dies hat zur Folge, dass dem Unternehmen zum einen hohe Kosten für Rückruf und Rücktransport der Ware oder im schlimmsten Falle sogar ein Imageschaden entsteht.

Um dies zu vermeiden, ist es wichtig, dass die Rohstoffe/Fertigmaterialien bei Anlage der Stammdaten in SAP ERP/EWM mit einem Mindesthaltbarkeits-, Verfallsdatum oder mit einer Charge versehen werden. Nur so ist eine exakte Rückverfolgbarkeit gewährleistet. Selbstverständlich ist es am Ende entscheidend, dass die einzelnen Rohstoffe und am Ende auch das Fertigprodukt ordnungsgemäß und sorgfältig auf ihre Qualität geprüft wurden.

04. Optimierung bei der Bereitstellung

Um eine Optimierung vorzunehmen, sollten Sie ihre internen Prozessabläufe genau kennen. Nur so ist es möglich, eine optimale Bereitstellung anzupassen. Doch was können Sie unternehmen, um eine Optimierung vorzunehmen? Wie bereits oben erwähnt, sollten Sie zunächst ihre Prozessabläufe kennen und genau verstehen. Danach konzentrieren Sie sich auf die Optimierung bei der Bereitstellung und die Schwachstellenanalyse.

Kurze Lieferwege können ein Faktor bei der Bereitstellung sein. Werden die Lieferwege im Lager kurzgehalten, kann auch bei Problemen entsprechend reagiert werden, um die Lieferkette bei der Bereitstellung nicht zu unterbrechen.

05. Prozesssicherheit durch starke Integration

Prozesssicherheit durch starke Integration oder auch Industrie 4.0 – beide verfolgen das gleiche Ziel. Die Produktion soll dahingehend angepasst werden, dass Mensch und Maschine eins werden. Am Ende soll eine intelligente Vernetzung von Maschinen und Abläufen mithilfe von Kommunikations- und Informationstechnologien die Arbeit dahingehend erleichtern, dass neue Organisations- und Steuerungsmöglichkeiten für die gesamte Wertschöpfungskette entstehen. Dadurch wird die Produktion deutlich effizienter, individueller und dynamischer, was das Ziel eines jeden Unternehmens sein sollte.

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Wertschöpfung der Produktionsintegration

Wir sind für Sie da!

Sie sehen, die Antwort auf die initial gestellte Frage, welche Art der Produktionsversorgung die richtige ist, kann nicht pauschal getroffen werden. Sie sollte zusammen mit dem Kunden in intensiven Diskussionen und unter Abwägung aller Parameter des Prozesses beleuchtet werden. Für das optimale Ergebnis ist der Prozess, losgelöst vom Verhalten des aktuell genutzten Lagerverwaltungssystems, zu analysieren! Ein Blick über den Tellerrand lohnt sich in jedem Fall.

Stehen auch Sie vor der Herausforderung, die Versorgung der Produktion im Zuge Ihrer Digitalisierungsstrategie oder beim Umzug auf SAP S/4HANA zu optimieren? Wir unterstützen Sie gerne, sprechen Sie uns an.

Wenn Sie Fragen zu diesem oder anderen Themen in diesem Blog haben, wenden Sie sich bitte an blog@leogistics.com

Philipp Rausch 
Consultant SAP Logistics
 

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