Mit Wellenmanagement Lageraktivitäten optimieren

Julian Richter

Julian Richter

Planung, Ausführung und Kontrolle in SAP EWM optimieren

Das Wort „Welle“ erinnert zunächst an einen sonnigen Tag am Strand – Salz liegt in der Luft, der Wind weht durch das Haar. Die schlechte Nachricht: Wellenmanagement bezeichnet leider keinen entspannten Zeitvertreib auf den Malediven. Die gute Nachricht: Es kann bei Lagerleiter:innen und „KPIler:innen“ ähnliche Glücksgefühle auslösen, da durch den Einsatz von Wellenmanagement in SAP EWM eine Optimierung der Planung, Ausführung und Kontrolle von Lageraktivitäten erfolgt. Wie? Das sehen wir uns im Nachfolgenden genauer an.

Mit dem Wellenmanagement Lieferungen bündeln

In der Lagerlogistik wird als Wellenmanagement die Gruppierung von Lageranforderungen bezeichnet, die den Bedarf einer Bewegung für eine bestimmte Produktmenge darstellen. Darunter fallen Bewegungen der Produktionsversorgung, des Nachschubs oder des Versands. Letzteres soll anhand eines stark vereinfachten Beispiels erklärt werden:

Für den Versand kommen Auslieferungsaufträge zum Einsatz, die eine bis n Positionen beinhalten. Aus jeder Position resultiert eine Lageranforderungsposition.

Auslieferungsaufträge
Auslieferungsaufträge und deren Lageranforderungen
Für jede Lageranforderung wird eine passende Welle ermittelt. Dabei werden die Auslieferungsaufträge (Kreis) selbst zunächst nicht berücksichtigt, da die Lageranforderungen losgelöst von diesen betrachtet werden. Dadurch erhalten wir nachfolgende grafische Darstellung:
Vorsortierung
Vorsortierung der Lageranforderungen nach Route

Lageranforderungen zu Auftragspaketen zusammenfassen

Aus vielen verschiedenen Teilmengen resultiert eine große Menge von verschiedenen Lageranforderungen, die im nächsten Schritt nach gleichen Kriterien gruppiert werden. Im Kontext von Auslieferungsaufträgen wird hierbei häufig die Route als Kriterium herangezogen. Auch andere Kriterien wie Lieferart, Lagerprozess, Warenempfänger oder etwa geplantes Warenausgangsdatum sind möglich.

Entsprechend werden alle Lageranforderungen mit gleicher Route (oder gleicher Lieferart usw.) in einer neuen Teilmenge gebündelt. Innerhalb einer Teilmenge (Route) befindliche Lageranforderungen gelangen jedoch nicht zwangsläufig in die gleiche Welle, da auf Basis einer Wellenvorlage eine weitere Detaillierung möglich ist. Letztere behandelt dann das „Wie“ und „Wann“, während bislang nur der Arbeitsvorrat einer Route bekannt ist. Die Wellenvorlage beinhaltet sowohl die Eigenschaften einer Welle als auch die verschiedenen Wellenoptionen. Die Konzeption einer Wellenvorlage erfolgt mithilfe bestimmter Konditionssätze, durch die eine Route fest mit einer Wellenvorlage verknüpft ist.

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Lieferort, Timing und Kapazitätsgrenzen definieren die Wellen

Timeslot Wellenoptionen
Wellenoptionen der Wellenvorlage
Für die Route „Standard-Versand Deutschland“ wurde beispielsweise festgelegt, dass für die gebildeten Wellen eine automatische Freigabe zum definierten Startzeitpunkt stattfindet. Darüber hinaus verlassen pro Tag drei LKW (um 12:30 Uhr, 17:30 Uhr und 19:30 Uhr) für diese Route das Lager. Daraus resultierend wurden drei Wellenoptionen für die Wellenvorlage hinterlegt. Auf Basis dieser Definition kann die Einteilung der Lageranforderungen in verschiedenen Wellen erfolgen, um eine simultane Durchführung der benötigten Lageraktivitäten pro LKW zu gewährleisten. Überdies wird für jede Option definiert, bis zu welchem Zeitpunkt (Cutoff) noch weitere Lageranforderungen zu einer freigegebenen Welle hinzugefügt werden können.

Mit einer Welle den Start und das voraussichtliche Ende definieren

Kommen verschiedene Wellenoptionen auf Basis festgelegter Uhrzeiten zum Einsatz, so erfolgt die Findung einer passenden Wellenoption unter Berücksichtigung der Terminart „Verlassen des Yards“ im Auslieferungsauftrag.

Demzufolge ist in einer Welle nicht nur der Start, sondern auch das voraussichtliche Ende definiert, um eine Rückwärtsberechnung zu ermöglichen. Dies bedeutet, dass das Wellenende vor dem entsprechenden Zeitpunkt im Auslieferungsauftrag, für den Bestfall jedoch so (zeit-)nah wie möglich liegen muss. Somit werden die Lageranforderungen der Auslieferungsaufträge wie folgt zugeordnet:

Zuordnung
Zuordnung der Auslieferungsaufträge zu Wellenoptionen

Im obigen Beispiel resultiert aus jeder Wellenoption exakt eine Welle, da die Wellenoptionen keine Kapazitätsgrenzen beinhalten. Letztere können zum Einsatz kommen, wenn anderenfalls die Arbeitslastverteilung über den Tag hinweg zu stark schwanken würde.

Mit Zuordnung der Lageranforderung zu einer Welle wird zunächst noch kein Arbeitsvorrat für das auszuführende Personal generiert. Erst mit der manuellen oder automatisierten Wellenfreigabe werden die ausführbaren Lageraufgaben angelegt. Eine Lageraufgabe definiert hierbei die Warenbewegung einer Handling Unit oder eines Produkts in einer festgelegten Menge.

Wellenoptionen
Wellenoptionen mit verschiedenen Prozessen

Mit dem Wellenmanagement Lieferungen bündeln und priorisieren

Neben der Bildung von Wellen auf Basis von Routen bzw. Zeitkriterien ist auch eine Bündelung von Prozessen möglich. Dadurch können zum Beispiel Lageranforderungen für weniger wichtige Prozesse, wie Nachschub und Lagerreorganisation, gesammelt und zu einer späteren Stunde freigegeben werden. Neben der Priorität kann zudem relevant sein, dass bestimmte Lageraktivitäten erst ab einer höheren Anzahl von Lageranforderungen einen deutlichen Mehrwert in Hinblick auf Kosten/Nutzen liefern.

Wellenfreigabe – und jetzt?

Wie bereits dargelegt: Aus der Bildung von Wellen resultiert noch kein ausführbarer Arbeitsvorrat für die Lagerarbeiter:innen. Das Wellenmanagement dient zunächst nur der Bündelung von Lageranforderungen mit gleichen Kriterien und stellt mittels statischer Berechnungen deren Ausführung zum richtigen Zeitpunkt sicher.

Demzufolge würde ohne weitere Vorkehrungen bei Wellenfreigabe die Erstellung der Lageraufgaben stattfinden, ohne dabei kleinere und/oder sinnvolle Arbeitspakete (Lageraufträge) zu bilden. Im schlimmsten Fall könnte die gesamte Welle bzw. der LKW in einem Lagerauftrag landen, der nur von einer einzigen Ressource bearbeitet werden kann. Dies gilt es zu verhindern, weshalb Lagerauftragserstellungsregeln zum Einsatz kommen. Hierbei handelt es sich um Regelwerke, die festlegen, auf welche Weise Arbeitspakete (Lageraufträge) zu bilden sind. Ein Lagerauftrag beinhaltet mehrere Lageraufgaben.

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Beispielhafter Prozessablauf bei der Kommissionierung

Lagerauftragserstellungsregeln berücksichtigen

Die Erstellung von Lageraufträgen fordert jedoch das Bestehen von Lageraufgaben, welche wiederum aus einer Lageranforderungsposition entstehen. Aus einer Lageranforderungsposition können mehrere Lageraufgaben resultieren.

Innerhalb der Lageraufgabenerstellung ermittelt das System mithilfe der definierten Auslagerstrategie die Von-Lagerplätze. Hierbei kann es von Nöten sein, dass eine Teilmenge aus einem automatischen Hochregal (Ware-zu-Person) und die Restmenge aus einem Fachbodenregal (Person-zu-Ware) stammt, wodurch die Lageranforderungsposition von zwei verschiedenen Lagertypen in Form von zwei Lageraufgaben bearbeitet wird.

Diese beiden Lageraufgaben sollten nicht zusammen in einem Lagerauftrag hervorgehen, da zum einen die Von-Lagertypen (Aktivitätsbereiche) räumlich möglicherweise zu weit auseinander liegen und zum anderen verschiedene Kommissionierarten zum Einsatz kommen würden. Darüber hinaus benötigen sie ggf. verschiedene Grenzen, Filter und Regeln bei der Erstellung von Arbeitspaketen. Eine detailliertere Beschreibung der Möglichkeiten bei der Lagerauftragserstellung erfolgt in einem separaten Blog-Artikel.

Wir sind für Sie da!

Mit Wellenmanagement bietet SAP EWM eine Grundlage zur Verbesserung der Planung und Kontrolle aller Lageraktivitäten. Indem sichergestellt wird, dass die Waren vor der Abfahrtszeit eines LKW auf der Bereitstellungsfläche zur Verfügung stehen, kann eine verbesserte Auftragserfüllungsrate erreicht werden. Darüber hinaus besteht für den Lagerleitstand vollumfängliche Transparenz über den aktuellen Wellenfortschritt.

Was allerdings nicht vergessen werden darf: Bei isolierter Betrachtung handelt es sich um ein sehr statisches Szenario, weshalb die gesamte Planung sowie jeglicher Automatismus bereits durch einen verspäteten LKW kippen kann. Denn dann befänden sich die Waren in der Bereitstellungszone, das Tor wäre blockiert – und der LKW noch nicht in Sicht. Hierbei schafft nur eine ganzheitliche Supply Chain Execution Abhilfe, bei der mittels Echtzeitdaten die Planung im laufenden Betrieb stetig optimiert wird.

Über derartige Optimierungsmöglichkeiten mithilfe einer ganzheitlichen Supply Chain Execution informieren wir Sie im zweiten Teil der Blog-Reihe zum Thema Wellenmanagement mit SAP EWM.

Wenn Sie Fragen zu diesem oder anderen Themen in diesem Blog haben, wenden Sie sich bitte an blog@leogistics.com

Julian Richter
Senior Consultant SAP Logistics

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