Warehouse Management (WM), Stock Room Management, embedded EWM oder dezentrales EWM – ein bunter Strauß an Möglichkeiten.
System im Detail angeschaut. In diesem zweiten Teil möchten wir Ihnen weitere Entscheidungshilfen an die Hand geben, wie ein reibungsloser Umstieg aussehen kann, und gehen auf weitere Funktionen ein.
EWM vs. WM – Prozessabläufe
Neben den Unterschieden zu den Stammdaten kommt ein wesentlicher Unterschied hinzu: Der Prozessablauf bzw. die Kommunikation zwischen der Lagerverwaltung und den angrenzenden Modulen.
„Embedded EWM“ ist nicht gleich „embedded“, wie viele Kunden vermuten. Der Unterschied liegt darin, dass gewisse Schnittstelleneinstellungen erfolgen müssen. Genauer gesagt, müssen bestimmte Belege ausgetauscht werden, damit ein reibungsloser Ablauf sichergestellt wird. In den folgenden Schaubildern möchte ich die SAP WM/EWM-Prozessabläufe gegenüberstellen.
Wareneingang zur Bestellung
Unterschiede zwischen WM und EWM beim Wareneingang
Aktuell ist der Kunde gewohnt, dass er den Wareneingang über die MIGO bucht, dann einen Transportbedarf erhält und über den daraus folgenden Transportauftrag die Einlagerung abschließt. Im Gegensatz zum SAP WM benötigt das SAP EWM Anlieferungen (VL31N) aus dem SAP ERP, damit der Kunde die Einlagerungen durchführen kann.
Die Anlieferung wird im SAP EWM repliziert. Diese stellt im SAP EWM den Transportbedarf dar, um später die Einlagerung über Lageraufgaben zu starten. Und hier ist der entscheidende Unterschied: Der Wareneingang erfolgt im SAP EWM zur Anlieferung (Transaktion /SCWM/PRDI) und wird an das SAP ERP zurückgemeldet. Erst nach dem Wareneingang wird die Einlagerung gestartet, die Ware auf den Platz gelagert und der Vorgang mit einer Quittierung abgeschlossen.
SAP EWM schafft Transparenz
Auswirkungen auf das Personal können gering gehalten werden
Für viele Kunden ist der Ablauf mit Anlieferungen erst einmal ein ungewohntes Terrain, da sofort Fragen kommen wie zum Beispiel:
- „Wer legt die Anlieferung an?“
- „Wann lege ich die Anlieferung an?“
- „Wie gestaltet der Einkauf seinen Auftragsbestätigungsprozess?“
- „Welche Felder kann ich im ERP zur Anlieferung noch ändern?“
Releases bringen sukzessive mehr Integration
Mit der Einführung des S/4HANA-Systems der SAP wurde das EWM zu Beginn mit all seinen Funktionen in das S/4HANA eingebettet, ohne wirklich integrierter zu sein. Daher arbeitet die SAP kontinuierlich daran, mehr Integration zu schaffen. Seit dem Release S/4HANA 2020 ist es nun möglich, ohne Anlieferungen einen Wareneingang zur Bestellung zu buchen (synchrone Verbuchung). Allerdings kann diese Funktion nicht mit einer QM-Integration genutzt werden. Diese Funktion wird erst in einem späteren Release zur Verfügung stehen.
Wareneingang zum Produktionsauftrag
Warenausgang zur Kundenlieferung
EWM versus WM-Funktionen
SAP EWM bietet grundsätzlich mehr Funktionen als das SAP WM. Jedoch gibt es zwei Funktionen, die auch bereits ohne eine zusätzliche EWM-Lizenz zur Verfügung stehen. Das ist zum einen die layoutorientierte Lagersteuerung (LOLS) und zum anderen die prozessorientierte Lagersteuerung (POLS).
- LOLSDie layoutorientierte Lagersteuerung ermöglicht, die Route einer Palette innerhalb des Prozesses festzulegen. In der Regel kennt man das Thema durch die Einführung von Automatiklagern. Dort ist es wichtig, dass die Palette vor einer finalen Einlagerung über Identifikationspunkte läuft und dort „hingeführt“ wird. Ebenso kann es sein, dass Paletten vorher umgepackt werden müssen, bevor diese das finale Ziel erreichen. Daher können Kommissionierpunkte festgelegt werden, über die die Palette laufen muss, sollte ein Umpacken vorher relevant sein (z. B. Teilentnahme von der Palette, Mischpalette).
- POLSDie Lagersteuerung bietet die Möglichkeit, die unterschiedlichen Wareneingangsprozessschritte, wie z. B. Entladen, Dekonsolidieren (z. B. Mischpalette zu materialreinen Paletten umpacken), QM-Abwicklung oder Einlagerung, in einer sinnvollen Reihenfolge zu steuern. Auf HU-Ebene werden die Schritte abgeschlossen und automatisch an den nächsten Schritt übergeben. Die Prozesskette wird mit der Einlagerung auf einen finalen Platz abgeschlossen.
EWM vs. WM – mehr Übersicht mit dem Lagermonitor
EWM vs. WM – höhere Benutzerfreundlichkeit dank FIORI
Mit der Einführung von S/4HANA schlägt die SAP auch einen neuen Weg bei der Benutzeroberfläche ein. Ziel ist es, dem Anwender die Arbeit mit SAP zu erleichtern. Hierfür wurden die FIORIs etabliert, die mit Hilfe vom FIORI Launchpad im Web Browser aufgerufen werden können. Dadurch ist es auf allen modernen Endgeräten wie Smartphones oder Tablets möglich, die Anwendungen zu starten. Diese passen sich dann automatisch dem Bildschirm an. Die Apps sollen die Anwender:innen vom SAP GUI lösen, da jede Transaktion im SAP GUI auch im FIORI Launchpad verfügbar ist. So sollen sich Nutzer:innen auf das browserbasierte Arbeiten fokussieren. Auch Kunden, die noch ein ECC6.0 besitzen, können in den Genuss von FIORIS kommen.
Dabei muss man unterscheiden, ob man eine „echte“ FIORI oder eine „fiorisierte“ App nutzt. Eine „echte“ wurde von der SAP mit speziellem Hinblick auf Mehrwert und Anwenderfreundlichkeit neu entwickelt.
Um den Überblick zu behalten, welche Apps derzeit zur Verfügung stehen, sollte man mit der SAP FIORI Apps Reference Library arbeiten. Dort stehen alle notwendigen Informationen, die für die Nutzung einer App notwendig sind. Mit jedem neuem Release werden mehr und mehr „echte“ FIORIs angeboten.
EWM vs. WM – weitere wichtige Funktionen
- Batch Management Für viele Industrien ist es notwendig, Chargen zu verwalten. Das liegt zum einen an der Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit und zum anderen an der Unterscheidung der Produkteigenschaften. Im WM konnten bereits Chargen auf Platzebene geführt werden. Was jedoch im Standard nicht ging, war die Findung der Chargen auf Basis der Chargenmerkmale in einer Klassifizierung. Das EWM bietet nun die Möglichkeit, auf Basis der Chargensuchstrategie, z. B. aus einem SD-Auftrag, die Chargen nach den entsprechenden Merkmalswerten zu kommissionieren.
- SerialnummernSerialnummern werden dazu verwendet, Teile im Lager eindeutig zu kennzeichnen, um später auch eine Rückverfolgung sicherzustellen. Eine Rückverfolgbarkeit auf Platzebene im WM ist leider nicht möglich. Das ging nur, wenn man auf Basis von HU’s Serialnummern vergibt und auf HU-Ebene eine Rückverfolgung durchführt. In einer LX03 wurden die Serialnummern nicht angezeigt. Mit EWM ändert sich das nun grundlegend. Hier ist jederzeit auch ohne HU eine Rückverfolgung auf Platzebene möglich. Mittlerweile ist es sogar möglich, nur ein Serialnummernprofil für EWM und ERP zu nutzen. Früher mussten immer zwei Profile geführt werden.
- HU-Management Manchmal ist es notwendig, Bestände auf Palettennummernebene zu führen. Dafür gibt es das Handling Unit Management (HUM). Damit man es nutzen kann, ist es notwendig, dass HUM auf Lagerortebene zu aktivieren. Somit müssen alle Bestände auf dem Lagerort in eine Handling Unit gepackt werden. Die Handling Units können dann auch nur mit speziellen Transaktionen bewegt werden. Wenn für den gleichen Lagerort ein WM-Lager aktiviert wird, dann kann auch die Handling Unit im WM geführt werden. Die Handling-Unit-Nummer wird dann als Lagereinheit vom WM übernommen. Das Handling Unit Management wurde mit dem EWM nun vereinfacht. Es ist nicht mehr notwendig, auf Lagerort-Ebene das HUM zu aktivieren. Die HU- Pflicht wird auf Lagertypebene getroffen. Es ist sogar möglich, verpackte oder unverpackte Materialien auf einen Platz zu lagern. Die SSCC-Vergabe wird auch über EWM gesteuert (Serial Shipping Container Code). Ein Verpacken auf mehreren Packebenen ist ebenfalls möglich und wird auch im EWM dargestellt (geschachtelte HUs). Wie die Handling Units verpackt werden, wird über die EWM-Packspezifikationen abgebildet. Über die Konditionstechnik werden die richtigen Packvorschriften zum richtigen Prozess gezogen. Die HU-Daten werden auch automatisiert im WE- oder WA-Prozess automatisiert ausgetauscht, sodass man zum Beispiel in der VL03N Handling Units sehen kann.
Unsere Empfehlung für Sie
Es ist nachvollziehbar, dass der Kunde sich im Dschungel der Lagerverwaltung erstmal mit einer Strategie schwer tut. Wir helfen Ihnen bei Ihrer Entscheidungsfindung! Wir betrachten dezidiert Ihre Bedürfnisse und dazu gehört es, fair zu bewerten, ob ein Stock Room Management vielleicht doch Sinn macht, auch wenn es nicht das strategische Produkt der SAP ist. Wir empfehlen, EWM nicht voreilig abzulehnen, nur weil es komplexer und ungewohnter scheint. Wichtig ist es, dass Sie die richtigen Ressourcen an der richtigen Stelle einsetzen. Ich bin der Meinung, dass vor allem das Basic EWM einen sehr großen Mehrwert für unsere Kunden bietet – und das ohne Zusatzkosten!
Wir sind für Sie da!
Sollten auch Sie an einen Umstieg denken, lassen Sie uns es wissen. In unserem nächsten Artikel werden wir uns genauer ansehen, wie die Prozessabläufe und Funktionen im Vergleich SAP EWM versus SAP WM aussehen. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre betrieblichen Abläufe effizienter, transparenter und kostensparender zu gestalten und damit Ihre Lieferketten zu verbessern. Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann Setzen Sie sich gerne mit uns in Verbindung.
Wenn Sie Fragen zu diesem oder anderen Themen in diesem Blog haben, wenden Sie sich bitte an blog@leogistics.com.
Daniel Rotter,
Senior Consultant SAP Logistics
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