Warum Digitalisierung und KI künftig über den Erfolg der Lagerlogistik entscheiden

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Matthias Kraus

Die Anforderungen in der Lagerlogistik sind in den letzten Jahren beständig gewachsen, vor allem in puncto Flexibilität. Immer häufiger soll das Lager wertschöpfende Zusatzleistungen erbringen, zugleich nimmt die Zahl der Prozessbeteiligten zu. Durchgängige Digitalisierung, IoT und der Einsatz intelligenter Analysen für Planung und Vorhersage werden zum wirtschaftlichen Erfolgsfaktor.
Nach Bereichen wie Entwicklung und Produktion sollten Unternehmen jetzt auch die Digitalisierung ihrer Lagerlogistik in Angriff nehmen. Praxisprojekte zeigen, dass sich hier durch eine bessere IoT-Vernetzung und Datenintegration große Effizienz- und Kostenpotenziale heben lassen. Die Daten liefern die Grundlage, um beispielsweise mittels Machine Learning besser prognostizieren zu können, wie lange der Ver- oder Entladeprozess für eine LKW-Lieferung dauert, wie viele Menschen im Verladeteam nötig sind oder welche optimalen Zeitfenster für Logistikpartner angeboten werden können. Auch im Lager selbst tragen KI-Algorithmen beispielsweise dazu bei, besser zu verstehen, welche Mengen bei Nachbestellungen nötig sind oder welche Kombination aus Artikeln besonders häufig kommissioniert wird und deshalb an an nah beieinander liegenden Lagerplätzen gelagert werden sollte. KI-Anwendungen ermöglichen eine bessere Vorhersagequalität und tragen so zu einem besseren Lagermanagement bei, das das richtige Produkt am optimalen Lagerplatz vorhält. Mit der Digitalisierung wird es auch einfacher, sich auf zunehmende Fluktuation im Marktgeschehen einzustellen.

Transparenz gelingt nicht ohne Datenintegration

Die aktuelle Studie „Besser Zusammenarbeiten in der Logistik“ der Bundesvereinigung Logistik BVL und Arvato zeigt allerdings, dass es bei der Digitalisierung in der Intralogistik noch erhebliche Lücken gibt, obwohl gerade hier eine intensive Zusammenarbeit zwischen Unternehmen besteht. Mit 90 Prozent schätzen fast alle Unternehmen vollständig digitale Prozesse als wichtigsten Erfolgsfaktor ein. Zwar streben um die 85 Prozent der rund 600 befragten Unternehmen als Ziel in der Zusammenarbeit eine Kostenreduzierung durch effizientere Prozesse und Personaleinsatz an. Vor allem in der Industrie wünschen sich fast drei Viertel der Unternehmen (74 Prozent) eine Steigerung der Transparenz. Doch nur jedes Zweite setzt bisher auf Cloud-basierte Systeme. Obwohl der Umfrage zufolge bereits über 40 Prozent KI-Microservices für die Lageroptimierung oder Mobile Apps nutzen, sind diese Anwendungen bei deutlich mehr als der Hälfte nicht mit anderen IT-Systemen verbunden. Durch die mangelnde Datenintegration liegen viele Optimierungsmöglichkeiten brach.

Die Einführung von Scanner-Technologie ist ein wichtiger erster Schritt. Dabei sind allerdings einige Hürden zu nehmen, zum einen bei der Hardware-Auswahl, zum anderen beim Change Management für Mitarbeiter:innen. Doch die automatisierte Erfassung einzelner Prozesspunkte möglichst in Echtzeit ist die wichtigste Voraussetzung, um zu mehr Prozesstransparenz und einer besseren Vorhersagequalität zu gelangen.
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Vom Papier zu geschlossenen Loops

Besonders wichtig sind dabei leicht und intuitiv zu bedienende Systeme, die keine lange Einarbeitung erfordern: Die Logistikbranche hat traditionell mit einer hohen Fluktuation unter den Mitarbeitenden zu kämpfen. Gerade während der Corona-Krise fallen Mitarbeiter:innen noch häufiger aus; oft wird ohnehin am Minimum operiert. Umso flexibler muss ein Prozess durch Optimierung werden, damit auch mit weniger Personal die Arbeitsabläufe reibungslos umverteilt werden können. Die Basis für moderne Logistikkonzepte, die auf IoT und Data Analytics setzen, ist eine Technologieplattform, die flexibel auch neue und kommende Anforderungen abdecken kann. In der Praxis sind allerdings vielfach noch Lösungen anzutreffen, die entweder am Ende ihres Lebenszyklus stehen oder nicht nachhaltig ausgerichtet sind. Manuelle Baustellen mit Zettelwirtschaft und aufwendige, lange Suche gehören dabei zum Alltag. Oft fehlt die tagesaktuelle Bestandsübersicht, von Echtzeittransparenz ganz zu schweigen.
Diese wird jedoch immer wichtiger, denn in den letzten Jahren hat sich vieles verändert: In der Regel gibt es heute deutlich mehr Prozessbeteiligte. Anders als früher üblich, beliefert nicht mehr ein zentraler Lieferant das Lager, stattdessen erfolgt die Anlieferung durch diverse Partner für unterschiedliche Waren.

Kommissionierung optimieren

Bei der Kommissionierung setzen viele Unternehmen nach wie vor auf veraltete und nicht digitalisierte Prozesse, welche keine Transparenz bieten und eine hohe Fehleranfälligkeit mit sich bringen. Eine beliebte Variante ist weiterhin die ausgedruckte Kommissionierliste, die als Arbeitsanweisung für die Lagerangestellten dient. Erst nach vollständiger Abarbeitung werden die getätigten Entnahmen manuell im System nachgepflegt. Als Resultat existiert in dieser Zeitspanne weder eine Transparenz über den Arbeitsfortschritt noch über die aktuelle Bestandssituation.
Abhilfe schaffen mobile Endgeräte wie z. B. Scanner oder Datenbrillen, welche in Echtzeit mit dem System kommunizieren und somit eine Datenfortschreibung gewährleisten. Darüber hinaus können Verifikationsprüfungen stattfinden, um die Fehleranfälligkeit zu minimieren. Allerdings bestehen mit einem intelligenten Lagerverwaltungssystem noch viel größere Optimierungspotenziale. So kann mithilfe von Algorithmen eine Berechnung der nahezu optimalen Auftragsbündelung inkl. Wegoptimierung und Verpackungsplanung auf Basis von mehrdimensionalen Entscheidungsgrundlagen erfolgen.

Datenvernetzung ist wichtig für Effizienz und Rückverfolgbarkeit

Eine Lagerverwaltungsplattform, die auf KI setzt, lebt allerdings auch davon, das Know-how der Mitarbeitenden ins System einzubeziehen, um flexibel reagieren zu können: Die Lagerexpert:innen wissen schließlich oft am besten, wo was steht und welche Sonderbehandlung jeder Kunde erwartet. Das System entscheidet unter anderem auf Basis dieser Kriterien, wie die Arbeit verteilt wird, und muss entsprechend mit Wissen gefüttert werden. Stammdatenqualität ist deshalb einer der ultimativen Treiber für gelungene Digitalisierungsprojekte. Dazu zählen unterschiedlichste Infos, beispielsweise welcher Lieferant sich häufig verspätet oder am falschen Tor steht, wie Packstücke angeliefert werden oder wie groß die Gebindeeinheiten sind.
Die Frage, wie die Lagerwirtschaft mit angrenzenden Prozessen vernetzt ist, wird auch in einem anderen Punkt immer wichtiger. Die unterbrechungsfreie Rückverfolgbarkeit von Gütern und Paletten steht für viele Unternehmen mittlerweile weit oben auf der Agenda. Dazu tragen nicht zuletzt zunehmende gesetzliche Vorgaben und Regularien bei. Das Tracking einer Bestellung wird deshalb immer häufiger als Funktion von Kunden nachgefragt.

Die Anforderungen an das Lagermanagement steigen

Immer regelmäßiger fordern Kunden auch zusätzliche Parameter beim Tracking der Waren ein. So will vielleicht ein Lackhersteller entlang der gesamten Lager- und Transportkette die Temperatur nachweisen, um die Qualität zu garantieren. Dafür sind Sensorik und IoT-Connectivity nötig. Ähnliches gilt bei der Erfassung von Chargenwerten, die auf einer integrierten Plattform dann im Chargenstammsatz automatisch an das Qualitätsmanagement weitergeleitet werden.
Die Anforderungen steigen auch dort, wo mit neuen, wertschöpfenden Services oder Sonderprozessen im Lager den vor- oder nachgelagerten Prozessen Arbeit abgenommen werden soll. Dazu können Vormontagen gehören, Reinigungsarbeiten oder beispielsweise die Vorbehandlung von Stahlrohren mit Korrosionsschutzmittel. Logistische Zusatzleistungen, Just-in-Time-Anforderungen und eine stärkere Individualisierung je nach Vorgaben der Kunden werden immer wichtiger und erfolgsentscheidender. Das Lager wird insgesamt stärker als Teil der Supply Chain wahrgenommen. Kann ein Partner im digitalen Informationsfluss nicht mit den passenden Echtzeitinformationen mithalten, entstehen Brüche in der Kette. Für KMU kann das zum Problem werden, etwa wenn sich genügend andere Wettbewerber nahtloser in die digitale Supply Chain einfügen. Daher lohnt es sich, die digitale Transformation auch im Lager anzugehen.

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Matthias Kraus
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