Wie der Volkswagen Konzern gemeinsam mit leogistics zukunftsfähige Werkeisenbahnprozesse gestaltet
Bei den Werkeisenbahnen des Volkswagen Konzerns werden im täglichen Eingang hunderte Waggons verarbeitet – keine leichte Aufgabe für die einzelnen über Europa verteilten Standorte. Insgesamt sind pro Werk bis zu 5 Triebfahrzeuge gleichzeitig im Einsatz und bedienen bis zu 36 Ladestellen. Mehrere tausend Wagenbewegungen im gesamten Konzern pro Tag sind das Ergebnis dieses komplexen Prozesses. Um diesen noch effizienter zu gestalten, wurde die leogistics GmbH beauftragt, ein modernes, skalierbares Dispositionssystem einzuführen, das sowohl die Ladestellen als auch die Rangierteams als integrale Bestandteile abbildet, IT-Lösungen ersetzt und gleichzeitig im Einklang mit der konzernweiten SAP-Strategie einsatzfähig ist. Mit leogistics Rail sollte die gesamte Bahnlogistik an zunächst elf europäischen Standorten vernetzt und harmonisiert werden. Heute ist Volkswagen mit einer digitalen, SAP-basierten Lösung an acht VW- und drei Audi-Standorten live und blickt auf markante Prozessverbesserungen.
Volkswagen Aktiengesellschaft
Der Volkswagen Konzern mit Sitz in Wolfsburg ist einer der führenden Automobilhersteller weltweit und der größte Autobauer Europas. Die Werke des Unternehmens erhalten einen großen Anteil der Bauteile per Bahn. Auch der Transport der fertigen Automobile erfolgt zu rund 70 Prozent per Bahn. Allein das Bahnnetz des Volkswagen Werkes in Wolfsburg umfasst 60 Kilometer Gleise sowie 152 Weichen.
Anzahl Anwender im Produktivsystem: 1263
Standorte Werkeisenbahn im Live-Betrieb: 11
Volkswagen rollt die leogistics Rail-Lösung in weiteren europäischen Standorten aus
Für den Projektstart wählten die Partner mit Braunschweig und Salzgitter ganz bewusst zwei Standorte mit einem eisenbahntechnisch überschaubaren Funktionsumfang aus. Hier ging es zunächst um die Anforderungen der Rangierdisposition. Ziel war es, in dieser Phase Erfahrungen für Hoch Volumenstandorte zu sammeln.
Die Hochskalierung der Lösung auf größere Standorte wie Wolfsburg brachte naturgemäß einige Komplexitäten innerhalb der Prozesse und der Usability mit sich, bei denen zahleiche Wechselwirkungen beachtet werden mussten und bis heute müssen. Schließlich handelt es sich um den größten privaten Verladebahnhof Europas. Im Rahmen eines vorgelagerten Parallellbetriebs stellte das Projektteam daher im Drei-Schicht-Betrieb sowie beim Go-Live am 15. September 2019 die reibungslose Abwicklung der Bahntransporte im Werk Wolfsburg ohne Reduzierung der Fahrzeugproduktion sicher.
Nach der Bewältigung dieser Mammutaufgabe konnten sechs weitere Standorte in schneller Folge aufgeschaltet werden. Anschließend ergänzte leogistics die Lösung um das Modul Leerwagenmanagement, um die standortübergreifende Leerwagensteuerung für die Volkswagen Konzernlogistik abzubilden. Die Rollouts von zwei weiteren Standorten – Audi Ingolstadt und Győr – wurden Ende 2020 erfolgreich abgeschlossen, sodass der Verbund der Alt-Systeme abgeschaltet werden konnte.
„Die Neustrukturierung mit leogistics Rail hat uns vor allem in Bezug auf zwei Aspekte weitergebracht: Automatisierung und Transparenz. Dank leogistics Rail können wir die Daten über Wagen- und Leerwageneinsätze nun effizient und vernetzt sammeln und unmittelbar für alle Beteiligten bereitstellen. Die Investition in die neue Software, in eine vernetzte Werkeisenbahn, ist eine Investition in die Zukunft.“
Volkswagen schafft mit digitaler Lösung ganzheitlichen Blick auf Bahnlogistik
Zugeingänge, Ladestellen- und Rangieraufträge einfach per App bearbeiten
Heute werden Bedarfe an Material- oder Leerwagen systembruchfrei gemeldet, statt wie bislang per Telefon, E-Mail und Fax. Die Werkeisenbahn kann darauf aufbauend Rangieraufträge zur Bedienung der Ladestellen planen, disponieren und ausführen. Auch die Arbeit der Mitarbeiter im Gleis und deren Kommunikation mit dem Disponenten basiert nun vollständig auf verschiedenen UI5- Apps auf mobilen Endgeräten statt per Funk. Dadurch läuft der Prozess spürbar transparenter und effizienter ab. Beispielsweise werden durch die nun „visuelle Kommunikation“ zwischen Disponenten und Rangierteams die akustischen Einflüsse des Eisenbahnumfelds eliminiert.
Auch die Schrottpressen melden nun automatisiert ihre Bedarfe an, sodass zur rechten Zeit Leerwagen zur Verfügung stehen. Die gleiche Logik steht hinter dem angebundenen Versandsystem für Fertigfahrzeuge, wo nach erfolgreicher Verladung fertiger Autos auf die Eisenbahnwagen automatisch ein Rangierbedarf an die Werkeisenbahn gemeldet wird.
leogistics Rail schafft zahlreiche Vorteile
- Unterstützung und Teilautomatisierung des Eingangszugprozesses für die Disponenten.
- Die Anbindung von kameragestützter Wagenerkennung an das System durch die integrierte Lösung RailWatch reduziert den manuellen Aufwand bei der Reihungsprüfung. Messstationen generieren mithilfe hochsensibler Sensoren und Kameras Informationen über Wagen, Geschwindigkeit oder Verschleiß, welche bei der Prozessplanung berücksichtigt werden.
- Durch die Verwendung von SAP UI5-Anwendungen auf mobilen Endgeräten werden Mitarbeiter im Gleis oder auf der Lok bei der operativen Abwicklung unterstützt.
- Über Bedienanforderungen wird der Ladestellenprozess abgebildet und mit der Rangierdisposition verknüpft.
- In der Rangierdisposition werden alle Wagenbewegungen erfasst und über Aufträge zur Abarbeitung an die Lokrangierteams freigegeben.
- In der Ausgangszugdisposition werden alle ausgehenden Wagen gesammelt und Zügen zugeordnet sowie vor Abfahrt geprüft.
- Die operative Überwachung und die nachträgliche Bewertung erfolgt über ein Monitoring und Reporting.
- In kleineren Werken bzw. in lastarmen Zeiten kann der Werkbahnbetrieb vollständig mobil, ohne Disponenten, ausgeführt werden.
„Durch die Ablösung von lokalen Altsystemen der Werkeisenbahn und der Integration von leogistics Rail in die SAP Transportmanagement Plattform des Volkswagen Konzerns konnten sowohl die IT-Betriebsprozesse vereinfacht werden, als auch die Basis für weitere prozessuale Integrationen aller Transportmanagement- Prozesse ohne systemübergreifende Schnittstellen geschaffen werden“,
Zentrale Steuerleitstelle SLS erleichtert europaweites Leerwagenmanagement
Die Leerwagenplanung in leogistics Rail bietet VW eine Übersicht der aktuellen und prognostizierten Bestände an Wagen an allen elf Standorten über eine zentrale Steuerleitstelle (SLS) in der Volkswagen Konzernlogistik. Über- und Unterdeckungen sind auf einen Blick ersichtlich und das System schlägt automatisch einen Leerwagenausgleich vor. Ressourcenoptimierend wirkt sich außerdem die Einbindung externer Standorte wie Werkstätten oder Kaufteillieferanten in den Ausgleichsprozess aus.
Ein Blick in die Zukunft
Um derartige Daten verarbeiten zu können, hat Volkswagen sich bereits für die Einführung einer weiteren Lösung aus dem leogistics-Portfolio entschieden. Mithilfe der Cloud-Lösung werden über die Standardschnittstelle ITSS und die Trackinglösung sämtliche relevanten Wageninformationen eingebunden und kontextbezogen zum richtigen Zeitpunkt angezeigt. So wird sichergestellt, dass bei der Vielzahl von Informationen nur die relevanten in den Fokus gestellt werden. Die Integration der Telematikdaten in leogistics Rail ist der nächste geplante Schritt zur Digitalisierung der Bahnprozesse bei VW.