Wie ein Staplerleitsystem die Effizienz meiner Intralogistik steigern kann
Ja, die Frage aus unserer Überschrift polarisiert. Der Volksmund behauptet, dass Männer sich nicht verlaufen, sondern nur „minimal von der Ideallinie abkommen“. Wie wir es auch drehen und wenden, der Verlust der Ideallinie sorgt in der Intralogistik für Ärger, denn Zusatz- und Leerfahrten kosten Zeit und Geld.
Die Lösung dafür ist weniger eine Frage des Geschlechts, als vielmehr eines sinnvollen Tools: Dem Staplerleitsystem.
Vorteile eines Staplerleitsystems
Das übergeordnete Ziel der Kommissionierung und Produktionsversorgung, als Teil der Produktionslogistik, ist die Realisierung eines störungsfreien Materialflusses. Dazu bietet der Einsatz eines Staplerleitsystems einige Vorteile, die im Folgenden aufgezeigt werden.
Minimierung von Leerfahrten durch eine Verknüpfung von einzelnen Fahraufträgen und verbesserter Fahrauftragsdisposition
Die Disposition eines Fahrauftrags zu einem Gabelstapler wird optimiert, indem diese systemgestützt erfolgt. Dies ermöglicht sogenannte Doppelspiele, durch welche zwei Fahraufträge miteinander verknüpft werden.
Während beispielsweise Fahrauftrag A aus dem Lager zum Materialübergabeplatz führt, erfolgt auf dem Rückweg ins Lager die Bearbeitung des Fahrauftrags B, welcher einen Transport von dem Materialübergabeplatz zum Lager erfordert.
Informationen zu einer optimalen Verteilung von Waren im Lager finden Sie auch hier.
Minimierung von Fehlerquellen durch systemgeführte Auftragsbearbeitung
Eine große Fehlerquelle in der Produktionslogistik ist die Kommissionierung des falschen Materials. Die Gabelstaplerfahrer sind tagtäglich einem hohen Druck ausgesetzt und im Eifer des Gefechts kommt es zur fehlerhaften Kommissionierung.
Der Gabelstaplerfahrer erhält seine Fahraufträge digital auf einem Gabelstaplerterminal. Auf diesem Terminal werden ihm die relevanten Informationen zur Auftragsbearbeitung, wie der eindeutigen Quelle und Senke, angezeigt, so dass er auch in stressigen Situationen effizient weiterarbeiten kann.
Performanceverbesserung durch Analysenauswertung
Die systemgeführte Auftragsbearbeitung bietet ebenfalls Möglichkeiten zur Steigerung der Transparenz in der Kommissionierung, zum Beispiel durch den Einsatz von Reporting.
Es ist zu jeder Zeit eine Messung und Analyse der Performance möglich. Zu einem fundierten Reporting zählen KPIs – wie der Leerfahrtenanteil und Picks pro Stunde.
Komplexe Lagerstrukturen benötigen mehr als die Grundfunktionalität
Grundsätzlich ist zwischen den verschiedenen Funktionalitäten abzuwägen und die Notwendigkeit für die jeweilige Verwendung zu analysieren.
In unseren Kundenprojekten zeigt sich, dass die Anforderungen häufig bereits durch die Grundfunktionalitäten der Komponente für Gabelstaplerleitsysteme erfüllt sind. Diese umfasst in erster Linie die systemgestützte Auftragsdisposition, welche eine Minimierung der Leerfahrten anstrebt. Mit wachsender Komplexität der Lagerstrukturen reicht die Grundfunktionalität allerdings häufig nicht mehr aus und weitere Anforderungen werden an das System gestellt.
Mehrwert durch GPS-Unterstützung
Der Einsatz einer Technologie zur Gabelstaplerortung ist eine Möglichkeit, die Auftragsdisposition zu optimieren und die Transparenz zu steigern. Durch eine Laserortung ist dem System in Echtzeit bekannt, an welcher Position sich die jeweiligen Gabelstapler der gesamten Flotte befinden.
Auf dieser Basis werden Fahrwege verkürzt, da den Fahraufträgen die optimalen Gabelstapler zugeordnet werden. Eine Vorrausetzung für den Einsatz ist die Vermessung des Lagers und die Erstellung einer digitalen Lagerkarte. Weiter ist auf dem Dach jedes Gabelstaplers ein 2D-Laserscanner zu befestigen, welcher die Positionsdaten des Gabelstaplers in Echtzeit ermittelt.
Tracking von Cargo Units
Neben dem Gabelstapler kann auch die Ware (Lade- oder Transporteinheit) im Lager geortet werden. Dazu ist die Verwendung eines 3D-Laserscanners notwendig, womit der Gabelstapler auszustatten ist.
Auf Basis der Gabelstaplerortung ermittelt ein 3D-Staplerleitsystem für jede Ladeeinheit die aktuellen x-,y- und z-Koordinaten im Lager. Mit Hilfe dieser Koordinaten erfolgt die Identifizierung der Ware – das Scannen eines Barcodes oder RFID-Tags ist damit obsolet. Der Barcode wird durch die x-,y-,z-Koordinaten ersetzt.
Vorausgesetzt, die Ladeeinheit wird dem System an einem definierten Punkt im Lager bekannt gemacht (z. B. Materialübergabepunkt), ermittelt das System beim Absetzen am Lagerplatz die x-,y-,z-Koordinaten. Dazu wird neben der Staplerposition (x,y) auch die Hubmasthöhe (z) erfasst und gespeichert. Bei erneuter Aufnahme der Ladeeinheit wird die Ware anhand der Koordinaten identifiziert.
Das Navi als Unterstützung bei der Routenfindung
Eine Navigationsfunktion bietet ein Gabelstaplerleitsystem ebenfalls. Dies setzt erneut die Lokalisierung des Gabelstaplers unter Zuhilfenahme der Lasertechnologie sowie eine vorausgegangene 3D-Vermessung des Lagers voraus. Der Zeitaufwand zur Materialsuche wird minimiert, da der Gabelstaplerfahrer zur Quelle gelotst wird. Die Durchführung des Fahrauftrags wird beschleunigt, da das System den Fahrer auf kürzestem Wege zur Senke führt.
Gabelstaplerfahrer benötigen kein Spezialwissen über die Lagerstruktur, sodass eine Abhängigkeit von „Stammfahrern“ ausgeschlossen ist und neue Mitarbeiter schnell eingearbeitet werden können.
Einbindung des Staplerleitsystems in das klassische SAP WM
Die Anbindung eines Staplerleitsystems an das Lagerverwaltungssystem SAP WM (Warehouse Management) bedarf Fingerspitzengefühl, da sie keine entsprechende Komponente besitzt.
Dennoch gibt es Lösungsoptionen:
Entweder wird das Staplerleitsystem als externe Softwarelösung mittels Schnittstellen an das SAP WM angebunden oder dieses wird um das Modul SAP LE-TRM (Task and Resource Management) erweitert. Dieses Modul beinhaltet, neben einer Vielzahl weiterer Tools zum Lagermanagement, ein Staplerleitsystem mit Grundfunktionalitäten. Da das SAP WM im Rahmen der Umstellung auf S/4HANA keine Zukunft mehr hat, besteht die Möglichkeit, die bestehende Lösung als SAP Stock Room Management weiterzuführen. Hier wird jedoch das Modul LE-TRM nicht unterstützt.
Wie ein SAP EWM Staplerleitsysteme unterstützt
Sofern ein SAP EWM (Enterprise Warehouse Management) genutzt wird, vereinfacht dies die Nutzung eines Staplerleitsystems erheblich. Das SAP EWM bietet standardmäßig bereits ein Staplerleitsystem, welches die Grundfunktionalitäten der systembasierten Auftragsdisposition abbildet.
Als Beispiele sind die erläuterten Doppelspiele oder das Queue-Management zu nennen. Ab einer gewissen Lagerkomplexität wird die Verwendung einer externen Softwarelösung notwendig. So übersteigt beispielsweise die Streckenverwaltung, -berechnung und die Berücksichtigung eines FTS (Fahrerloses Transportsystem) den Funktionsumfang der EWM-Lösung.
Die Kommunikation zwischen dem SAP EWM und der externen Softwarelösung erfolgt mittels einer Schnittstelle häufig wird dazu beispielsweise ein IDOC genutzt. Das EWM sendet eine Lageraufgabe, welche in einen Fahrauftrag des Staplerleitsystems umgewandelt wird. Die Quittierung des Fahrauftrags wird über die Schnittstelle dem EWM rückübermittelt, was zur Quittierung der EWM-Lageraufgabe führt.
Der Weg ist das Ziel
Die Implementierung eines Staplerleitsystems bietet verschiedene Optimierungsmöglichkeiten zur Steigerung der Kommissionierqualität und Erhöhung der Kapazitätsauslastung der Gabelstaplerflotte sowie zur Kostensenkung. Die ideale Softwarelösung orientiert sich maßgeblich an den kundenindividuellen Anforderungen sowie der Komplexität des Lagers.
Das SAP EWM bietet standardmäßig eine Staplerleitsystemkomponente, dennoch übersteigen vielfach die Kundenanforderungen dessen Funktionalitäten, sodass in diesen Fällen ein externes Staplerleitsystem den höheren Nutzen stiftet. Bereits bei einer Analyse der bestehenden Lagerprozesse und Bedarfsvalidierung unterstützen wir Sie gerne, um den idealen Funktionsumfang zu erarbeiten und einen echten Mehrwert zur Optimierung Ihrer Logistikprozesse zu stiften.
Bei Fragen zu diesem oder anderen Themen im Blog wenden Sie sich bitte an blog@leogistics.com.
Björn Ingwersen
Consultant SAP Logistics